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„Anfang Oktober 2007 - heute habe ich mit dem neuen Objekt begonnen.
Der rohe Wurzelstock wartet schon seit September 2006 in meinem
Treibholzlager auf seine Verwandlung.
Es liegt ein schweres Stück Arbeit vor mir, ich kann noch nicht erkennen, ob
es eine interessante und schöne Skulptur wird oder ob ich später enttäuscht
sein werde.
Ich bin gespannt darauf zu sehen, wie sich das Objekt mit dem Fortschreiten
der Arbeit verwandelt und Gestalt annimmt.
Schon bald ist zu erkennen, dass es sehr stark durchsetzt ist mit Lehm, Sand
und eingewachsenen Steinbrocken. Es sind keine schönen Steine -sie
müssen alle entfernt werden, teilweise durch Zertrümmern mit schwerem
Werkzeug.
Mit dem Vordringen ins Innere zeigen sich immer neue Steinnester und
Kanäle, die zum Teil quer durch den Wurzelstock verlaufen.
Neun Nachmittage Arbeit sind vergangen, der Wurzelstock ist, soweit
sichtbar, von Steinen, Lehm und Sand befreit und ich beschließe, am
nächsten Tag die Kettensäge für eine erste grobe Formgebung einzusetzen.
Vier frisch geschliffene Ketten liegen bereit. Trifft die Kette auf ein Steinchen
oder Sandnest, das vorher nicht sichtbar war, ist sie innerhalb einer
Sekunde stumpf und muss ausgetauscht werden.
Die vielen Höhlungen und Durchbrüche im Inneren sind mit der Kettensäge
nicht erreichbar, sie lassen sich nur von Hand bearbeiten.
Nach dem Entfernen morscher Teile und dem Abtragen der oberen Schichten
zeigen sich interessante Formen und durch Alterungsprozesse verursachte
Oberflächenstrukturen - die fertige Skulptur wird für mich bereits sichtbar
und meine anfänglichen Zweifel sind jetzt verfolgen.
Da der Wurzelstock bereits vollständig durchgetrocknet ist, folgt nun die
Feinbearbeitung.
Das Runden und Glätten aller Konturen ist besonders in den inneren, schwer
zugänglichen Bereichen sehr zeitaufwändig.
Es ist Ende November geworden - nachdem ich einen geeigneten Sockel aus
meinem „Treibholzlagerplatz“ ausgewählt habe, stelle ich die neue Skulptur
zum ersten Mal am Strand auf und betrachte sie von allen Seiten.
Die Skulptur verändert, während ich um sie herum gehe, aus jedem
Blickwinkel ihr Aussehen – Ich finde sie interessant und offen für Deutungen.“
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